Die Insel

Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie


Was unsere Patientinnen und Patienten sagen... 

Auszug aus dem Tagebuch, dem Patienten bei ihrem Abschied von der Insel (unserer Station also) ihre Gedanken und Gefühle + all das anvertrauen können, was sie anderen Patienten oder dem Behandlungsteam noch sagen möchten.

"Nun ist es soweit: Nach genau 8 Wochen kann auch ich mich mit ein paar lieben Worten verabschieden. Vor dem Aufenthalt wurde ich oft gefragt, ob ich mir sicher sei, dass dies der richtige Weg ist. Auf diese Frage wusste ich keine Antwort, denn ich konnte mir ja nicht vorstellen, was hier passiert und was sich im Nachhinein verändern würde. Nach meiner Entlassung werden mir Viele die gleiche Frage stellen: "War es die richtige Entscheidung?" oder auch: "Hat es Dir geholfen oder ist alles schlimmer geworden?" Ich bin froh, dass ich auf diese Fragen antworten kann und hoffe , dass es Euch motivieren wird, wenn Ihr das lest. Es war eine schwere, aber nützliche Zeit: Anstrengend, hart und allgemein heftig… Aber es hat sich gelohnt, durchzuhalten, zu kämpfen, sich den Problemen zu stellen und die Erfahrungen, die man hier sammelt, sind nützlicher, als Vieles, was man in der Schule oder sonst wo lernen kann. Gebt Euch nicht auf, nutzt die Hilfe, die Euch hier geboten wird und haltet durch! Versteckt Euch nicht, zeigt wer Ihr seid. Zeigt, was in Euch steckt. Egal, was passiert und egal wie aussichtslos die Situation auch scheinen mag, es gibt immer einen Grund weiterzumachen! Laßt Euch nicht hängen. Ihr schafft das! Alles Gute und viel Glück!"
(Gemaltes Herz) Nena*, 16 Jahre (Ende des 1. Aufenthalts von Zweien)


Interview mit Patient(inn)en und Ehemaligen, die gern für unsere Homepage zu ihren Eindrücken und Empfindungen vor, während oder nach der Therapie Auskunft geben und das Wort an Euch als mögliche künftige Patient(inn)en richten möchten:

 

Dr. Lucas: "Elea*, wie bist Du zu uns gekommen, wolltest Du eine Auszeit auf der Insel?"

Elea: "Eins war für mich klar: Nichts wie weg von zuhause... , aber doch nicht in die Klinik, und "Psycho-" klingt komisch. Was ist das überhaupt? Was soll ich da? Muss ich mich da "outen"? Werde ich da entmündigt und umgekrempelt? Lasst mich bloß in Ruhe! - Aber dann war alles nicht so schlimm, wie ich dachte.

Dr. Lucas: "Du kommst jetzt so anders rüber, nach 4 Wochen, viel offener, so als wolltest Du uns doch eine Chance geben, Dich kennen zu lernen… . Was ist passiert?"

Elea: "Stimmt, ich hab verstanden, dass nicht nur mein Körper Untergewicht hat und mir Probleme macht, obwohl ich’s ja so wollte… . Erst wollte ich nicht wahrhaben, dass es mir auch seelisch dreckig geht und so… und keine Hilfe annehmen. Außerdem hab ich hier nette Typen kennen gelernt, bei denen auch nicht alles glatt lief!

Dr. Lucas: "Was war nicht so schlimm, wie Du dachtest?"

Elea: (Kichert) Na ja, …, also die vom Personal, viele sind echt ok und man kann hier viel machen und sich austauschen… und es ist gar nicht "klapsenmäßig"…, sondern echt lebendig! Ich glaube, ich hab’ sogar mehr, als nur Freunde gefunden! (Elea 17 Jahre)

Dr. Lucas: "Und Du, Yen*, wie war’s bei Dir?

Yen: "Na ja, ich bin ja schon zum 2. Mal ‚auf der Insel’ und hab heute meinen Abschied... ."

Dr. Lucas: "Wie bist Du gekommen, wie gehst Du?"

Yen: "Beim ersten Mal wollte ich nicht, ich dachte: Was soll der Scheiß? Wofür soll das gut sein? Was bringt mir das? Ich bin doch nicht bekloppt!"

Dr. Lucas: "Und am Ende: Nichts wie weg?"

Yen: "Hm, war so’n bisschen: Mist, die werden mir fehlen! Hat mir wohl doch was gebracht, aber wie erklär’ ich das den Bekloppten aus meiner Klasse… ?"(Lächelt)

Dr. Lucas: "Was hat Dich dann wieder her gebracht?"

Yen: "Ich war ja zwischendurch ab und zu mal zu Besuch hier. Da gab es andere Patienten, die ich nicht kannte, aber irgendwie war es cool… . Na und zuhause und in der Schule hat es nicht so geklappt; nach dem Umzug und Schulwechsel war es schwer.

Dr. Lucas: "Was war anders beim 2. Mal?"

Yen: "Na das war mir ja schon vertraut, nur mit anderen Patienten. Und: Mein Problem hatte sich verändert, ich war weitergekommen, aber noch nicht fertig! Ich wusste: Da kann ich noch mehr mitnehmen ins Leben, was gut für mich ist und mich stark macht."

Dr. Lucas: "Nun gehst Du aber wieder, wie ist das?"

Yen: "Na gut ist das! Aber so ganz weiß ich nicht, ob ich schon gehen will…, ob ich das alles gewuppt kriege da draußen… . Egal, jedenfalls komm’ ich mal wieder auf Station vorbeischauen, um zu erzählen… und zu hören, was da Sache ist." (Yen 14 Jahre)

Dr. Lucas: "Nena*, Du bist jetzt 18 und nur zu Besuch hier. Am schärfsten finde ich ja, dass Du unverabredet so passend hereinplatzt, gerade wo sich das Gespräch mit Elea und Yen ergeben hat! Wie war’s bei Dir, Nena?

Nena: "Na keiner will in die Klinik - hoffe ich. Ich wollte mir ja auch nicht eingestehen, dass ich Hilfe brauchte - und anderen erst recht nicht, obwohl es mir manchmal so dreckig ging! Und: Ich bin ganz ehrlich: Ich hatte Schiss! - Und was Therapie ist, kann man sich vorher auch nicht gut vorstellen. Aber dann war ich hier und hab viel mehr gespürt als vorher. Das war aber nicht immer toll. Zum ersten Mal hab ich richtig gemerkt, wie schlecht es mir ging… und das hat Angst gemacht! Manchmal wollte ich nur noch weg und dachte, das hört nie auf...!

Dr. Lucas: "Wie hast Du das geschafft, nicht abzuhauen, nicht weiter wegzulaufen vor all dem, was dich bedrückt und belastet hat? Hast Du doch vorher auch immer gemacht!

Nena: "Hm (schmunzelt), weiß ich auch nicht, alle haben mich ermutigt und unterstützt, die Therapeuten und Schwestern und die anderen Patienten, obwohl es denen ja auch nicht gut ging. Und: Wenn Du es geschafft hast, zu bleiben, dann gehst Du anders raus, als Du gekommen bist. Weil in Dir was in Bewegung gekommen ist!


Aneinander gewandt:

Elea: "Ich hab’ am Anfang immer gedacht: Was verschwendest Du Deine Zeit hier? Hab’ doch was besseres zu tun, Schule, Freunde und so, war sauer auf mich selbst..."

Yen: "Aber: Was gibt es Schöneres, als gesund zu sein?!"

Nena: "Am Anfang dachte ich, das ist wie ein Labyrinth, aber eigentlich ist es ja mehr, als Detektiv unterwegs sein, in Sachen eigene Seele!"

Yen: "Stimmt, was am Anfang verworren scheint, macht dann plötzlich Sinn, wenn man die Puzzle-Teile zusammenträgt, wie und warum es so gekommen ist."

Dr. Lucas: "Manchmal erleben wir sogar, dass etwas was die Eltern in ihrer Kindheit erlebt haben für die Familie so wichtig oder belastend ist, dass es in der Familienarbeit ein Schlüssel sein kann, um zu verstehen, was alle so unendlich viel Kraft kostet oder anscheinend unauflösbare Konflikte auslöst …"

Elea: "Jedenfalls ist Therapie oft harte Arbeit und mühsam, aber ich glaube langsam, das lohnt sich!"

Dr. Lucas: "Danke Euch allen für Eure Offenheit und Euer Vertrauen! (Seufzer + Schmunzeln). Ist ganz schön bewegend, Euch zuzuhören, wie Ihr das alles erlebt oder erlebt habt und warum Ihr heute hier sitzt, damit "Was unsere Patienten sagen" auf unserer Internet-Seite endlich keine Baustelle mehr ist…

 Ich glaube, für die Kinder und Jugendlichen, die hier ’reinschnuppern ist das, was Ihr zu sagen habt, viel wichtiger, als all das Schlaue, was wir hier geschrieben haben.

 Lasst uns zum Abschluss doch noch mal zusammen schauen, was Euch noch wichtig ist. Was Ihr denen sagen wollt, die vielleicht auf dieser Homepage surfen und sich unseren Auftritt angucken, weil sie einen Termin in unserer Ambulanz haben, die uns aber noch nicht kennen, noch ganz am Anfang des Weges stehen und nicht wissen, ob sie sich (und uns) überhaupt eine Chance geben wollen, ok? Was wollt Ihr denen noch sagen?"

Nena: "Na, wenn Dich was richtig drückt, überleg’ Dir, wie lange Du damit allein rumlaufen willst. Wenn sich was ändern soll, versuch mal, Dich einzulassen - eingesperrt wirst Du hier (Anmerkung: gemeint ist die Insel) nicht! Und abhauen kannst Du immer noch. Und wenn Du es schaffst, zu bleiben, wird Dich das weiterbringen. Dann gehst Du anders raus, als Du gekommen bist, gestärkt vielleicht und mit einem offeneren Ohr für Dich selbst. Weißt dann besser, was oder wer Dir gut tut, und was nicht, machst Dir selbst weniger Druck, kannst Deine Gefühle besser zeigen und dich wehren... , oder so...

Es klopft und Tina* (2. Aufenthalt, bei der 1. Aufnahme 13 Jahre) stößt dazu: "Kann ich ’reinkommen? Was macht Ihr denn hier?"

Dr. Lucas: "Wir reden gerade über die Insel, wie das so ist, wenn man uns noch nicht kennt, was hier gut ist und was wir vielleicht ändern sollten… . Ich hab das aufgeschrieben, was die Anderen gesagt haben. Lies’ es Dir doch mal durch. Du kennst uns doch auch sehr gut und kannst was dazu sagen, oder?

Tina: "Ok…" (hört zu und liest dann).

Dr. Lucas: "Was sollen wir, also das Team der Insel, hier ändern, um Euch noch besser zu unterstützen?"

Yen: "Nichts, das ist gut so, wie es ist! Ich fühl’ mich hier pudelwohl, schade nur dass ich nun gehen muss!"

Nena: "Ich hätt’ was. Ich finde es gut, dass hier immer beim Vorgespräch die Station gezeigt wird, damit man sich vorstellen kann, wie das ist und: Habt Ihr noch die Paten?

Elea: "Ja, jeder kriegt am Anfang einen anderen Patienten als Paten, der sich schon auskennt und einen in den ersten Tagen an die Hand nimmt, wenn alles noch fremd ist. Manchmal ein Großer eine Kleine und manchmal ein Kleiner eine Große..."

Nena: "Das ist gut. Noch besser fände ich aber, wenn es außerdem immer einen Patienten gäbe, der - statt dem Personal - Neue bei ihrem ersten Besuch über die Station führt, so was wie eine Patientensprecherin. Das wäre voll cool!"

Dr. Lucas: "Spannende Idee. Ich merke, dass mir Dein Vorschlag gefällt, weil das Eure Eigenständigkeit und Eigenverantwortung unterstreicht. Und die Neuen trauen sich bestimmt eher, einen von Euch zu fragen, wenn sie was befürchten, als einen von uns Erwachsenen. Lasst uns mal mit dem Team besprechen, ob wir das ausprobieren wollen.

Tina, fällt Dir noch was ein?"

Tina: "Ich überleg’ noch mal, ob mir was einfällt".


* Anmerkung: Bei den Namen handelt es sich um Pseudonyme, also von den Patientinnen und Patienten gewählte "Künstlernamen".